"Alles nur Fassade"
Echte Reform? Fehlanzeige!
…alles nur Fassade!
Die Ausbildung in den Therapieberufen Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie muss dringend reformiert werden. Doch aktuell steuert das Bundesministerium für Gesundheit in einem ersten Reformteil, der die Berufe der Physiotherapie betrifft, auf eine Scheinlösung zu. Dadurch werden aktuelle Probleme verschärft, statt zukunftsfeste Lösungen umzusetzen, die eigentlich schon vorliegen. Es braucht eine flächendeckend akademische Ausbildung. Aus guten Gründen:
5 Gründe, warum die Therapieberufe an die Hochschulen gehören.
1. Wir denken an die Zukunft der Versorgung von Patient*innen
Unser Gesundheitssystem blickt großen Herausforderungen entgegen. Der Fachkräftemangel verschärft sich auch bei den Therapieberufen. Die Behandlung von Erkrankungen wird gleichzeitig komplexer und vielschichtiger, zum Beispiel durch die Zunahme multimorbider Krankheitsbilder. Die Therapieberufe brauchen daher weitere Qualifikationen, um entsprechend evidenzbasiert zu therapieren und daran mitzuwirken, anhand von neuesten Studienergebnissen Behandlungen weiterzuentwickeln – auf Augenhöhe mit anderen Gesundheitsberufen. International ist das Studium in den Therapieberufen selbstverständlich. Nur in Deutschland nicht.
2. Wir denken an die Zukunft unserer Berufe
Unsere Professionen haben sich in den letzten Jahrzehnten massiv weiterentwickelt. Wissenschaftliche Erkenntnisse haben Einfluss auf die Ausbildungen und auf den therapeutischen Alltag. Dazu benötigen wir hochschulische Kompetenzen – und darum brauchen wir auch die Menschen, die Spaß an diesen haben und sie an den Hochschulen erwerben möchten – um sie dann gewinnbringend auch in der Patient*innenversorgung einbringen zu können.
Wir sind uns sicher: Der zunehmende Mangel an Therapeut*innen kann durch die Akademisierung unserer Berufe aufgehalten werden. Jahrgang für Jahrgang entgehen uns talentierte Kolleginnen und Kollegen, die sich für ein Studium und damit einen anderen Beruf entscheiden. Der Anteil studierwilliger Schulabsolvent*innen steigt stetig an und die fehlenden Studienmöglichkeiten verhindern, dass unsere Berufe für diese Gruppe attraktiv sind.
3. Wir denken an alle, die jetzt unsere Berufe ausüben
Die Qualifikation unserer Kolleginnen und Kollegen ist stark. Wer sich einmal dafür entschieden hat, Ergotherapeut*in, Logopäd*in oder Physiotherapeut*in zu werden, hat das getan, um anderen Menschen in herausfordernden Momenten zur Seite zu stehen und ein selbstbestimmteres Leben zu ermöglichen. Die Beherrschung zeitgemäßer Kompetenzen gelingt momentan vor allem durch individuelles Engagement und lebenslanges Lernen. Unsere Forderungen betreffen nicht unsere heutigen Kolleginnen und Kollegen. Wir machen uns Sorgen um die Zukunft unseres Gesundheitssystems.
4. Wir denken an Transparenz und Verständlichkeit
Wenn Berufsgesetze neu geschrieben werden, legt man damit neu fest, wer sich künftig „Ergotherapeut*in“, „Logopäd*in“ oder „Physiotherapeut*in“ nennen darf. Das muss eine Festlegung sein, die Patient*innen sofort und leicht verstehen. Deshalb müssen Kompetenzen klar beschrieben und die Verortung der Ausbildung eindeutig sein. Eine Berufsgesetzreform darf nicht dazu führen, ein nicht nachvollziehbares Nebeneinander von Studiengängen und fachschulischen Ausbildungen zu schaffen. Berufsgesetze, die aufgrund geteilter Kompetenzprofile und Ausbildungsformen zur Abwertung unserer Berufe führen, halten wir für falsch. Aber genau das ist jetzt geplant.
5. Wir denken an die Kosten
Die Umstellung auf eine akademische Ausbildung für Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie kostet Geld. Völlig klar. Aber wenn jetzt echte Reformen eingeleitet werden, werden unter dem Strich immense Kosten eingespart werden und unter anderem Doppelfinanzierungen von Ausbildungswegen verhindert. Jede Verzögerung finanziert ein System, das nicht zeitgemäß ist. Schon zu oft sind notwendige Reformen in unseren Berufen an fehlendem Handlungswillen gescheitert.
Die Situation ist ernst. Es geht darum, die wichtige Chance zu nutzen, unsere Gesundheitsversorgung zukunftsfest zu machen. An dieser Aufgabe muss sich die Reform der Therapieberufe messen lassen. Aktuell laufen Bund und Länder Gefahr, diese Aufgabe aus dem Blick zu verlieren
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